Automarkt Deutschland: Potenzial vorhanden, aber der Schwung fehlt

 

Düsseldorf, 17. Oktober 2024. Fast jeder zweite Autofahrer in Deutschland plant, bis 2028 privat ein neues Auto anzuschaffen (Neuwagen oder Gebrauchtwagen). Klarer Favorit bleiben dabei Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren: 50 Prozent der Kaufplaner präferieren in hohem Maße Benziner (34%) oder Dieselfahrzeuge (16%). Es folgen Hybrid-Pkw mit oder ohne Plug-In-Antrieb (jeweils 12%). Mit großer Wahrscheinlichkeit ein rein batteriebetriebenes Elektroauto kaufen will jeder Fünfte (20%); bereits „völlig sicher“ sind sich hier jedoch nur sieben Prozent.

Kurzfristig fehlt es dem privaten Automarkt in Deutschland jedoch an Schwung: Viele Kaufinteressenten schieben ihren nächsten Autokauf derzeit bewusst auf. Zugleich nimmt die Markenbindung der Kaufplaner ab. E-Autos haben in der Breite der Bevölkerung weiterhin einen schweren Stand.

Dies sind Ergebnisse aus der aktuellen Ausgabe des „Trendmonitor Deutschland“ des Marktforschungsinstituts Nordlight Research zum Schwerpunktthema: «Automarkt und Elektromobilität in Deutschland: Potenziale und Perspektiven». Über 1.000 Personen ab 16 Jahren aus Haushalten mit Internetzugang wurden wie bereits 2018 und 2022 repräsentativ zum Thema Autokauf und speziell zur Elektromobilität befragt. Segmentspezifisch untersucht wurden aktive Autofahrer und Autokaufplaner sowie zahlreiche weitere Zielgruppen, differenziert nach soziodemographischen, verbrauchertypologischen und nutzungsbezogenen Merkmalen.

„Autobauer und Autohändler stehen hierzulande vor weiteren anforderungsreichen Jahren“, sagt Rafael Jaron, Geschäftsführer bei Nordlight Research. „Die aktuelle Krisenstimmung sollte den Blick auf vorhandene Chancen und Potenziale aber nicht verstellen. Darüber hinaus können im langsam, aber immerhin stetig, wachsenden Segment der Elektromobilität auch Energieversorger, Versicherer und weitere Dienstleister mit attraktiven Angeboten profitieren.“

 

Gründe für hohe Kaufzurückhaltung der Verbraucher

Fast jeder zweite potenzielle Autokäufer schiebt den Zeitpunkt des Autokaufs derzeit bewusst auf (47%).
Als Begründung nennen die „Kaufaufschieber“ vor allem finanzielle Aspekte (59%), aber auch die Unsicherheit über die Antriebsart des nächsten Autos (35%). Vergleichsweise selten wird die Nichtverfügbarkeit von Wunschmodellen (9%) genannt, oder die Überlegung, in Zukunft möglicherweise ganz auf einen privaten PKW zu verzichten (8%). Geringverdiener und der Verbrauchertyp „Schnäppchenjäger“ nennen in erwartbarer Weise stärker finanzielle Gründe für ihren Kaufaufschub. Unsicherheit über die Antriebsart des nächsten Autos zeigt sich als Hemmschuh überdurchschnittlich stark bei Personen mit niedriger Markenloyalität sowie in Haushalten mit gehobenem Lebensstandard.

 

Bevorzugte Automarken beim nächsten Autokauf: VW, Audi und BMW weiter an der Spitze

Top 3 der bevorzugten Automarken beim nächsten Autokauf sind unverändert die heimischen Hersteller
VW (27% aller Nennungen), Audi (20%) und BMW (18%). Es folgen Skoda (15%), Mercedes (14%), Ford (14%), Hyundai (13%), Opel (11%) und Toyota (11%). Der reine Elektroautobauer Tesla kommt im Präferenzranking auf 6 Prozent. Insgesamt zeigen sich hier starke Zielgruppenunterschiede: Beispielsweise wird Spitzenreiter Volkswagen von jüngeren Menschen bis 29 Jahre (36%) und von Frauen (31%) deutlich stärker für den nächsten Autokauf bevorzugt als von Personen zwischen 30 und 49 Jahren (21%) und von Männern (23%). Menschen, die in ländlichen Gegenden wohnen präferieren Volkswagen zudem deutlich stärker als Großstädter (33% versus 23%).

 

Markenbindung im Automarkt nimmt ab

In puncto Markenbindung gilt: Nur knapp die Hälfte (47%) der autofahrenden Bundesbürger wollen beim nächsten Autokauf mit Sicherheit (15%) oder vermutlich (32%) bei ihrer jetzigen Automarke bleiben. Für viele ist dies hingegen noch völlig offen (39%), oder der Verbleib bei der aktuellen Automarke wird sogar (eher) ausgeschlossen (14%). Im Vergleich zu 2022 nimmt der Anteil der fester markengebundenen Kaufinteressenten im Automobilmarkt tendenziell ab. Allen voran gilt dies für jüngere Autokäufer. In vielen Bereichen des Automarkts, nicht nur im noch jungen Segment der Elektroautos, werden die Karten neu gemischt.

 

Präferierte Kauforte für private Autos: Autohäuser bleiben dominant

Bevorzugt kaufen wollen die meisten Bundesbürger ihr nächstes Auto in herstellergebundenen Autohäusern (46%), gefolgt von den herstellerunabhängigen Autohändlern (26%). Speziell jüngere Menschen bis 29 Jahre tendieren stärker zu herstellerunabhängigen Autohäusern (35%) als zu herstellergebundenen (28%).

Autoverkaufsportale im Internet werden von neun Prozent der Autokauf-Interessierten bevorzugt. In Betracht kommen für die internetaffinen Autokäufer vor allem die Portale mobile.de (68%) und AutoScout24 (61%), mit Abstand gefolgt vom Online-Portal Kleinanzeigen (27%; früher eBay Kleinanzeigen) sowie weiteren Anbietern. Den Kauf von Privat zu Privat (ohne Händler) bevorzugen sieben Prozent der Autokauf-Interessierten. 12 Prozent der Kaufinteressenten zeigen sich noch unentschieden, wo sie ihr nächstes Auto kaufen wollen.

 

Elektroautos: Verkauf wird ohne substantielle neue Anreize zäh bleiben

Der Absatz privater Elektroautos wird – ohne signifikante neue Kaufanreize von Politik und Herstellern –voraussichtlich auch in den kommenden Jahren „zäh“ bleiben. Das Interesse der Gesamtbevölkerung an E-Autos hat in den vergangenen Jahren sogar abgenommen, auch wenn sich das generelle Image leicht verbessern konnte. Aus dem Segment der privaten Autokäufer erfährt das „15-Millionen-Ziel“ der aktuellen Bundesregierung für Elektroautos bis 2030 (privat und gewerblich) derzeit keine durchschlagenden Impulse.

 

Was dem Kauf von Elektroautos aus Verbrauchersicht (immer noch) entgegen steht

Als wichtigste Gründe, die aus Sicht der „Elektroauto-Skeptiker“ (Personen mit geringer Kaufwahrscheinlichkeit sowie grundsätzliche Ablehner) gegen den Kauf eines Elektroautos sprechen,
werden insbesondere der hohe Anschaffungspreis (89% der Nennungen), zu geringe Reichweiten vieler Modelle (86%) sowie eine unzureichende Ladeinfrastruktur im öffentlichen Raum (82%) genannt. Weit verbreitet sind auch generelle Zweifel daran, ob Elektroautos technisch bereits ausgereift sind (78%) und ob batteriebetriebene Autos im Ganzen überhaupt einen wirksamen Beitrag zum Umweltschutz leisten (77%). Vergleichsweise deutlich seltener werden zur Begründung zu wenige Angebote im Gebrauchtwarenmarkt (51%) oder eine zu geringe Modell-Auswahl bei Elektroautos genannt (38%) genannt. Eine generalisierte Abneigung gegen Elektroautos äußert fast jeder zweite „Skeptiker“ (53%).

Drei Viertel (74%) der „Skeptiker“ wollen so lange wie möglich am gewohnten Auto mit Verbrennungsmotor festhalten (und sehen das vorgesehene Auslaufen des Verbrennungsmotors im Jahr 2035 teils auch als guten Grund, sich rechtzeitig vor der Frist noch ein Verbrennerfahrzeug anzuschaffen).

 

Aktuell verfügbare Lademöglichkeiten für Elektroautos im eigenen Wohn- und Arbeitsumfeld

Bei der Entscheidung für oder gegen die Anschaffung eines Elektroautos spielt auch die wahrgenommene Verfügbarkeit von Ladeinfrastrukturen eine zentrale Rolle (neben Faktoren wie Anschaffungspreis und Reichweite). Bei der Frage nach im eigenen Wohn- und Arbeitsumfeld derzeit prinzipiell verfügbaren Lademöglichkeiten nennen die autokaufinteressierten Bundesbürger insbesondere:
öffentliche Ladestationen in der eigenen Wohnumgebung (35 Prozent der Nennungen), Haushaltssteckdosen mit Adapter (27%), eigene private Wallboxes (19%), öffentliche Ladestationen in Arbeitsplatznähe (15%) sowie Ladestationen beim Arbeitgeber (11%). Jeder fünfte autokaufinteressierte Befragte (21%) gibt an, bisher keinerlei Lademöglichkeiten in der unmittelbaren Wohn- oder Arbeitsumgebung zu haben; weitere 7 Prozent geben an, dies nicht zu wissen.

 

Was aus Verbrauchersicht für die Anschaffung eines Elektroautos spricht

Als wichtigste Gründe, die für die Anschaffung eines Elektroauto sprechen, nennen die
„Elektroauto-Aufgeschlossenen“ insbesondere ökonomische Gründe: beispielsweise die Erwartung weiter steigender Benzin- und Dieselpreise (82% der Nennungen), die Absicht, die Kosten pro Fahrt mit einem Elektroauto zu senken (75%) oder die Erwartung, bei der Anschaffung von finanziellen Förderungen zu profitieren (71%). Spaß am Fahren mit einem Elektroauto (45%), ein schlechtes (Umwelt-)Gewissen beim Fahren mit Verbrennungsmotor (43%) oder das Zeigen eines zukunftsorientierten Lebensstils (51%) spielen eine vergleichsweise geringere Rolle.

Diejenigen Bundesbürger, die aktuell bereits ein privates Elektroauto besitzen, geben hingegen als wichtigstes Kaufmotiv am häufigsten den „Spaß am Fahren eines E-Autos“ an (83% der Nennungen). Dicht gefolgt von ökonomischen Motiven wie der Erwartung steigender Kosten für Benzin / Diesel (81%). 80 Prozent der aktuellen Besitzer eines Elektroautos geben zudem an, beim Kauf von Förderungen profitiert zu haben (Umweltbonus, Prämien der Hersteller, Steuervorteile). 77 Prozent der Elektroautokäufer wollten damit einen aktiven Beitrag zum Umweltschutz leisten. Ein schlechtes Gewissen beim Fahren eines Autos mit Verbrenner spielte bei der Kaufentscheidung eine vergleichsweise untergeordnete Rolle (51%).

„Wichtige Aufgabe im Elektroautosegment wird sein, bisher noch nicht stärker elektroautoaffine, aber prinzipiell zugängliche Zielgruppen zu erschließen“, sagt Verena Hallmann, Studienleiterin bei Nordlight Research. „Für diese 'Aufgeschlossen-Unentschlossenen' bedarf es jedoch spezifischer Strategien der Identifikation, Ansprache und Überzeugung.“

 

Welche Unterstützungsleistungen für potentielle Elektroauto-Käufer interessant sind

Grundsätzlich zeigen sich eine ganze Reihe von Möglichkeiten, potenzielle Elektroautokäufer mit Unterstützungsangeboten und Services anzusprechen. Nicht nur seitens Politik, Herstellern und Händlern, sondern auch verbundener Dienstleister (Energieversorger, Versicherer, Banken).

Hohes Interesse zeigt sich beispielsweise an speziellen vergünstigten Stromtarifen für Elektroauto-Besitzer (66%) und unmittelbaren Kaufanreizen (Prämien, Rabatte, Steuervorteile etc.) seitens der Autohersteller (62%) und von politischer Seite (63%). Hoch im Kurs steht auch das Angebot, Elektroautos über mehrere Tage Probefahren zu können (61%). Breiteres Interesse besteht auch an der Unterstützung beim Kauf und Bau privater Ladestationen/Wallboxes (58%) sowie an speziellen Versicherungstarifen oder Rabatten für E-Autofahrer (53%). Interessante Option ist für viele auch der Ankauf von Gebrauchtwagen im Tausch mit Elektroautos durch Autohersteller bzw. Autohäuser (47%). Spezielle Kredite und Finanzierungsoptionen für Elektroautos seitens der Universalbanken und Autobanken wecken das Interesse von 44 Prozent der Verbraucher.

Generell gilt: Der Elektroautomarkt ist weiterhin kein Selbstläufer und erfordert besonders gute Strategien, hohes Engagement und Ausdauer. Trotz vorhandener Barrieren und Widerstände sind die Perspektiven auf längere Sicht positiv. Zum „großen Liebling“ der deutschen Autofahrer werden Elektroautos kurzfristig aber weiterhin nicht werden.

 

Weitere Studieninformationen

Die aktuelle Ausgabe des „Trendmonitor Deutschland“ mit dem Schwerpunktthema: «Automarkt und Elektromobilität in Deutschland: Potenziale und Perspektiven» kann direkt über Nordlight Research bezogen werden. Die Trendstudie enthält umfangreiche weitere Ergebnisse, Analysen und Rankings sowie ausführliche Differenzierungen nach unterschiedlichen Marktsegmenten und speziellen Zielgruppen.

Für Hersteller, Dienstleister und Werbetreibende besteht im Rahmen des regelmäßigen „Trendmonitor Deutschland“ zudem die Möglichkeit, exklusiv themenbezogene Zusatzfragen zu stellen (Shuttle-System), Vergleichswerte zu nutzen und Eigenstudien in Auftrag zu geben.

 

Weitere Informationen zu den Studieninhalten und Bezugsmöglichkeiten:

Trendmonitor Deutschland-Studienshop

 

Ansprechpartner für Rückfragen

Verena Hallmann
Research Analyst
Nordlight Research GmbH
Elb 21
40721 Hilden
Telefon: +49 2103 258 19-0

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